Moin Jobfinder

Zwischen Wickeltisch und Schreibtisch

Studieren mit Kind ist keine leichte Aufgabe, aber es gibt auch Unterstützung.

Studieren mit Kind ist eine riesengroße Aufgabe, die nicht nur einer Menge Organisation und starker Nerven, sondern auch einer ordentlichen Portion Willensstärke bedarf.

Etwa 5 % aller Studenten in Deutschland sind auch gleichzeitig Eltern und meistern einen Alltag, der keinen Feierabend kennt. Wenn das Kind im Bett ist, wartet die Hausarbeit, die Studienlektüre oder die Referatsvorbereitung. Alles unter einen Hut zu bekommen, ist dabei nicht leicht und neben den alltäglichen Herausforderungen mit Kind gibt es viele Fragen und Unsicherheiten: Wie und wo betreue ich mein Kind während der Veranstaltungen? Bekomme ich finanzielle Unterstützung? Wann finde ich die Zeit für Hausarbeiten? Schaffe ich das alles überhaupt?

Flensburg als vergleichsweise kleiner Studienstandort kann darauf überraschend viele Antworten und Lösungsvorschläge geben. David, Vater einer kleinen Tochter und Student an der Uni Flensburg, ist glücklich damit, wie sich hier alles gefügt hat für ihn und seine Familie - trotz der Doppelbelastung. Seine Tochter besucht seit eineinhalb Jahren die Kindertagesstätte am Sandberg, eine Betreuungseinrichtung des Studentenwerkes Schleswig-Holsteins, direkt auf dem Campus. Hier haben 45 Kinder von 1 bis 6 Jahren die Möglichkeit zu spielen und zu toben, während ihre Eltern ein paar hundert Meter entfernt im Audimax oder in der Bibliothek kostbare Zeit und Ruhe für ihr Studium finden. „Wir waren sehr erleichtert, als wir erfahren haben, dass unsere Tochter hier in den Kindergarten gehen kann“, sagt David heute. Denn die Betreuungssituation ist, gerade für unter Dreijährige auch in Flensburg sehr angespannt und frühzeitige Bewerbungen sind ein Muss. Er glaubt: „Ohne den Kindergartenplatz wäre ein Studium nicht möglich.“

Denn gerade in den Semesterferien, wenn der Kindergarten für drei Wochen Sommerschließzeit hat und die Kinder den ganzen Tag zu Hause sind, wird den Eltern bewusst, wie schwierig der Spagat zwischen Kind und Studium tatsächlich ist. „Wir haben dann keine Zeit für Urlaub, sondern müssen Hausarbeiten oder wie ich jetzt, meine Masterarbeit schreiben.“  erzählt David. Das wird dann abends erledigt, wenn überhaupt. Die Luft ist oft raus und der Druck, nach einem anstrengenden Tag eigentlich noch mal an den Schreibtisch zu müssen, ist ein ständiger Begleiter junger Eltern im Studium.

Neben den Bedenken, den Anforderungen eines Studiums nicht völlig oder zumindest nicht immer rechtzeitig gerecht werden zu können, ist die finanzielle Unsicherheit ein ständiges Thema. Auch noch Zeit für einen Nebenjob zu finden ist schwer und viele Eltern finanzieren so ihre Familien fast ausschließlich durch BAföG. Doch einmal im Bürokratie-Dschungel zurechtgefunden, entdeckt man einige Hilfeleistungen, die junge Familien während des Studiums finanziell unterstützen können. Neben verschiedenen Stipendien und Stiftungen wie die „Mutter und Kind Stiftung“, ist es  BAföG-Empfängern mit Kind  unter anderem möglich Wohngeld  zu beziehen. Auch die Verlängerung der Förderungshöchstdauer schafft einen zeitlichen Spielraum und finanzielle Sicherheit über die reguläre Studienzeit hinaus.

Im Alltag sind es vor allem scheinbar kleine Stützen, die vieles erleichtern können: ein offenes Gespräch mit dem Dozenten, Kommilitonen, die in Fehlstunden für einen mitschreiben, Anlaufstellen wie die Gleichstellungsbeauftragten der Uni Flensburg oder der FH, und Rückzugsorte, wie der Familienraum im ersten Stock des Hauptgebäudes der Uni. Es ist der Vorteil eines überschaubaren Campus: Man kennt sich und Hilfe ist nie weit entfernt.

Es zeigt sich, dass Elternschaft während des Studiums auch eine Chance für  Kind und Eltern gleichermaßen sein kann. „Ich habe jetzt die Möglichkeit viel und spontan Zeit mit meinem Kind zu verbringen und es wirklich großwerden zu sehen. Viel eher als ich es  wahrscheinlich später im Berufsleben haben werde.“, ist sich David sicher. Die erste Zeit mit der kleinen Tochter war für ihn sehr intensiv und er hatte nie das Gefühl, er würde etwas von ihrer Entwicklung verpassen. „Da geht es vielen Väter bestimmt anders.“

Sicherlich gibt es  viele Ängste und Unsicherheiten und es bleibt ein ständiges Verhandeln um die  eigenen Kräften und das Verständnis der Außenwelt. Aber Studieren mit Kind ermöglicht auch eine  gesunde Balance zwischen Selbstverwirklichung und Erziehung, die später so im Berufsleben viel schwerer zu erreichen ist. Und so profitieren schlussendlich auch die Kinder: Von ausgeglichenen und aktiven Eltern, und vielen Campusbesuchen, die sich für allerhand wilde Laufrad- und Rollerfahrten eignen.